
I.K.H Sophie von und zu Liechtenstein im Interview mit Dr. Elisa Bortoluzzi Dubach für «Ticino Welcome»
Königliche Hoheit, welche Erinnerungen an Ihre Kindheit und Ihre Familie haben Ihr Engagement in der Philanthropie geprägt?
Ich bin in einem privilegierten Umfeld aufgewachsen und es war mir schon in jungen Jahren bewusst, dass es auch eine andere Normalität gibt. Dieses Bewusstsein hat dazu beigetragen, dass ich mich in sozialen, karitativen und kulturellen Projekten engagierte. Das war mir ein Anliegen, in dem mich meine Eltern immer unterstützt haben.
Könnten Sie uns einige Stationen Ihres Lebensweges beschreiben? Was hat Ihr Herz bereits als Kind für Kunst, Kultur und Philanthropie begeistert?
Mein Vater ist sehr musikalisch, er liebt die Oper und hat uns Kinder dafür begeistert. Er hat uns oft von den ersten Aufführungen nach dem Krieg im Prinzregententheater in München erzählt, vor dem Wiederaufbau der Bayerischen Staatsoper. Wir sind dann als Kinder regelmässig mit unseren Eltern zu Opern- und Ballettaufführungen dorthin gegangen, es war jedesmal ein Erlebnis.
Wer waren Ihre einflussreichsten Vorbilder in der Philanthropie und wie haben sie Ihre Arbeit beeinflusst?
Die Grossmutter meines Mannes, Fürstin Gina, war für mich mit ihren Engagements im sozialen und karitativen Bereich ebenso ein Vorbild wie meine Schwiegermutter, Fürstin Marie. Fürstin Gina hat 1945 das Liechtensteinische Rote Kreuz gegründet, im gleichen Jahr, in dem meine Schwiegermutter und ihre Familie aus der damaligen Tschechoslowakei flüchten musste. Die Auswirkungen des Zweiten Weltkriegs haben beide geprägt und dazu geführt, dass sie sich viele Jahre für Menschen in Not engagierten. Fürstin Marie hat später das Präsidium des Liechtensteinischen Roten Kreuzes von ihrer Schwiegermutter übernommen und sie hat es mir vor fast zehn Jahren übergeben.
Welche persönlichen Erfahrungen haben Ihren Entschluss bestärkt, sich der Philanthropie zu widmen?
Ich habe beide Fürstinnen für ihre persönlichen, grossen und jahrelangen Engagements zugunsten unserer Gesellschaft bewundert und habe mich dieser sozialen Tradition unserer Familie aus Überzeugung angeschlossen. Sie steht auch im Einklang mit der Philosophie der Familie, langfristig und nachhaltig einen Beitrag an die Entwicklung der Gesellschaft unseres Landes zu leisten.
Auf welche spezifischen Bereiche konzentrieren Sie sich in Ihrer philanthropischen Tätigkeit?
Mir liegen vor allem Aufgaben im sozialen und karitativen Bereich. Ganz wichtig ist mir der Schutz der Familie. Grundsätzlich habe ich gerne konkrete Projekte, die ich über längere Zeit verfolgen und mit denen ich auch konkret etwas erreichen kann. Stilles Helfen ist dabei ein Prinzip, das ich soweit als möglich verfolge.
Gibt es Projekte oder Initiativen, die Sie aus der Familie übernommen haben und die Sie besonders anregend finden?
Im Sinne der erwähnten sozialen Tradition führe ich nicht nur aus Überzeugung das Liechtensteinische Rote Kreuz, sondern engagiere mich zum Beispiel auch im Rahmen der Schwangerschaftsberatung schwanger.li für werdende oder alleinstehende, junge Mütter. Aus diesen Erfahrungen ist auch das «Netzwerk Familie Liechtenstein» entstanden, ein Präventionsprojekt das Eltern mit Kindern von 0-5 Jahren in belasteten Lebenssituationen unterstützt und begleitet.
Wie schwierig ist es, als Erbprinzessin Entscheidungen in der Philanthropie zu treffen?
Natürlich ist es nicht immer einfach, das Richtige von all dem, was an mich herangetragen wird, auszuwählen. Es gibt viele beeindruckende Schicksale, auch im wohlhabenden Liechtenstein, aber auch viele Möglichkeiten, präventiv zu wirken. Aber ich entscheide ja nicht alleine, sondern habe wie erwähnt ein lokales Netzwerk, mit dem ich Gesuche und oder herausfordernde Situationen besprechen kann.
Welche Herausforderungen sehen Sie in der philanthropischen Arbeit?
Im sozialen und karitativen Bereich, in dem ich mich hauptsächlich engagiere, ist neben der Sicherstellung der Mittel, die Freiwilligenarbeit eine weitere zentrale Herausforderung. Wir haben zwar in Liechtenstein gut ausgebaute soziale Einrichtungen und Dienstleistungen. Aber unsere Gesellschaft verändert sich schnell und viele Menschen haben Mühe, diesen Veränderungen zu folgen. Darum bleiben Aufgaben, deren Lösung unbürokratisches, menschliches Geschick und Engagement verlangen, und es gibt Schicksale, die ohne die Arbeit von Freiwilligen kaum gelindert werden können.
Wie wichtig ist Liechtenstein als Philanthropie-Standort?
Die Tradition der Unterstützung von sozial oder gesundheitlich benachteiligten oder belasteten Menschen ist nicht nur in unserer Familie, sondern in ganz Liechtenstein tief verankert. Es gibt viele Familien und Firmen, die im Hintergrund dazu beitragen, nachhaltige Beiträge zu leisten, dass solche Situationen verbessert werden können. Ich bin überzeugt davon, dass diese Haltung zur Kultur unseres Landes gehört. Das erfüllt mich mit Stolz und darum engagiere ich mich auch persönlich.
Was sind Ihre langfristigen Ziele und Visionen für Ihre philanthropische Arbeit?
Es geht wie in manchen Lebensbereichen darum, dafür zu sorgen, dass die Nachfolgeregelung in wichtigen Funktionen der sozialen und karitativen Unterstützung rechtzeitig vorbereitet wird. Es ist meine Verantwortung, eines Tages die Weiterführung meiner Engagements in neue, fähige Hände legen zu können.